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Über Delacroix |
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Figurative Elemente sind immer wieder von abstrakten Formgebilden durchsetzt. Es gibt wüste, geradezu orgiastische Darstellungen voller Energie, voller Widersprüche,voller Brüche. Collage spielt in seinem Oeuvre eine wichtige Rolle.Eklektisch wirkt das allerdings nicht, sondern die so heterogenen Ausflüge in halb bekannte, halb unbekannte Territorien zeichnen sich durchweg durch Neugier, Bewunderung, aber auch Souverånitat und ein hohes Maß an Abgeklårtheit aus.
Genau darin ist bei Delacroix auch das Ehrliche seines Arbeitens und Ringens zu sehen. Hier wird nicht mit falschen, gezinkten Karten gespielt,
hier wird dem Betrachter nicht eine ferne Idylle vorgegaukelt, hier wird nicht einfacher Ausstieg proklamiert. Ganz im Gegenteil - die Arbeiten, oft rasch hingeworfen,mit Verve realisiert und voller Flüchtigkeiten zur Erscheinung gebracht, bleiben im Hier und letzt verankert, bieten keine fragwürdigen Auswege, suggerieren keine Tröstungen.
So rücksichtslos vieles auf den Blättern des Künstlers erscheinen mag, so wenig sorgsam der Umgang mit den eigenen Werken auch anmutet, eines teilt sich ganz direkt mit. Hier ist Ehrlichkeit am Werk und eben keine Attitüden, keine Tricks, keine Schaumschlâgereien.
Es gibt, mit anderen Worten, einen starken substanziellen Kern.
Dass das alles aber, was hier nur grob skizziert bzw. angedeutet werden konnte,eine solide intellektuelle Basis hat, lässt sich aus den Schriften, den Kritiken und den Interviews von Niklas Delacroix erschließen. (Auszug)
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Prof. Dr. Armin Zweite München, 30. Oktober 2014 |
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Der Maler und Schreiber, ist einer der vielseitigsten, komplexesten Künstler, in Abstraktion und Figuration gleichermaßen zuhause.
Sein Grundthema in Malerei, Zeichnung, Fotografie urrd 50 Künstlerbüchem ist das Menschenbild und seine Auflösung. Flüchtige Aquarelle in-gerade noch kontrollierter-Ausschweifung. Andererseits das beseelte Konzept. Härte. Wortfetzen. Spritzpistole.
Anspruch und Herausfordenung der Quantenphysik lässt den Künstler auf seiner Suche nach der alten Einheit und Ganzheit ins Mythische, Magische, Mystische zielen.
Im Verlust unseres Egos, in der Illusion unseres autonomen Individuums,baut er seinen Widerspruch gleich mit ein.
Delacroix zieht geläufige Darstellungsrahmen, gängige Zuweisungen kultureller Identität in Zweifel. Sein Changieren von Realität und Simulation, sein amüsantes Decodierspiel gibt Aufschluss über die Natur von Wahmehmung und ihres Wirkungsmechanismus.
Er bietet die aktive Vermittlungsstrategie einer umfassenden Analyse immanenter Kunstcodices, ja der Grundlage des ästhetischen Prozesses selbst. (Auszug)
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Prof. Dr. Wieland Schmied |
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Foto Dali 1972
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Geist und Fleisch
In Delacroix´ Performanzengipfel (1 exemplarisches Künstlerleben. Das richtige im falschen.) werden unsere real-existierenden Weltkünstler mit Titeln aus dem Familienalbum konterkariert, spielerisch und lustvoll befragt. Das private kleine Glück, die persönliche Geste: gebrochen durch die Aura der Weltkunst, die etablierte Größe der Standards. Seine Originalphotos - ohne Computer, ohne Scanner - Arbeitsphotos des Kritikers, d.h. nicht per se als Kunst gemacht. In den Texten geht es D. selten um sachliche Beschreibung von Rahmenbedingungen. Sie führen - gerade in den paradoxalen Bildtiteln - über das offen Sichtliche hinaus in gesellschaftlich konzeptionelle Fragen und ihre vielfältigen Konnotationen: Wie entsteht bzw. dauert Bedeutung? Wie lassen sich Bilder als Kritik an Bildern machen?
Der Ablauf von gut 30 Jahren seines Schreibens und Photographierens wird gleichsam als Resumé einer ganzen Lebensspanne in der Entscheidung für Format und Anordnung als Bild-Text-Einheit etabliert. Bekannte Ikonographien wie auch private Familiengeschichte suggerieren Beziehung und Zusammenhang. Die Weltmeister von Dalì und De Chirico über Beuys, Baselitz und Rauschenberg bis Andy Warhol und Gerty Richter treffen auf Van Gogh, Gauguin, auf Rubens, Rembrandt und Co, zur überzeitlichen Champions League. Anstoß: zur Selbsterfahrung. Die Künstler werden nicht als solche imitiert (wie möglicherweise bei Cindy Sherman), sie stellen sich wahrheitsgemäß selbst dar, erscheinen nur in ungewohntem Zusammenhang, im Nebeneinander von offiziell und privat, von Ernst und Spaß. Dokument und Fiktion verbinden sich zum Vexierspiel, wobei Amtliches privatisiert wird und Fiktives durch Realbezug sich beglaubigen will: Ein Kommunikationsmodell, welches zwischen Abbild und Anekdote das authentische Photodokument mit melancholisch-ironischem Subtext vereint. Der einerseits irrwitzige, dann wieder naiv-kritische Kommentar entlarvt modisch fragwürdige Stereotypen des Kunstgeschäfts, thematisiert somit Widerstand wie auch kalkulierten Konformismus jeglicher Kunstentwicklung.
Die Bankrotterklärung der Moderne vor provokativ-effektvollen Mediengags, vor dem alltäglichen Terror der Schönheit (Houellebecq) erhöht wieder einfache persönliche Konzepte, die authentische Erfahrung mit sinnlicher Erfüllung zu verbinden wissen, die das Private im Gesellschaftlichen suchen und umgekehrt, etwa im Sinne von Beuys: Das Schönste vom Schönen muss doch erst erreicht werden: Der soziale Organismus als Lebewesen in seiner Freiheitsgestalt und als große Errungenschaft jenseits der Moderne.
Schon vor 30 Jahren, anlässlich der Ausstellung Eros im Kunstzentrum Hamburg (mit Botero, Lichtenstein, Warhol und Wesselman) füllte D. einen Raum mit feinem Sand und wohlbeleibten Anti-Models und eröffnete damit seine diskurskritische Analyse der Geschlechterrollen (dokumentiert in: Walter Aue, PCA. Projekte, Conzepte, Aktionen, Berlin 1970). Auch im Kunstverein Hamburg (Elemente, Strukturen, Räume, 1968) ging es ihm um Selbsterforschung, Identifikation und Rollenverständnis, um die Grenze von Individualität und Künstlertum. In der Ausstellung Kunstverein Timbuktu, KV Djibouti, KV Vatikan verkehrt er manche Internationalismus-Attitüde zum Provinzproblem. Und in Quappi Beckmann deckt den Tisch (1975) geht es ihm um Demontage konventioneller musealer Praxis. So schreibt der Kunstsoziologe an der Universität Hamburg, Erich Naused anlässlich D.?s Ausstellung im Museum Uetersen 1996, von der ... besessenen Auseinandersetzung mit der menschlichen Figur und ihren oft subtilen Bezügen zum Gesellschaftlichen. Der Referent für das Künstlerbuch an der Staatsbibliothek München, Elmar Hertrich: ... zentrales Thema (ist) die künstlerische Erkundung eines neuen Körperbewusstseins mit brillanten analogen sprachlichen Ausdrucksmitteln.
Stets ist D. am konzeptionellen Bildbegriff wie auch an der sinnlichen Erscheinung gleichermaßen interessiert. (Hirnhaut und Netzhaut. Hirnwichser und Handwichser, vereinigt Euch!) Weniger prosaisch ausgedrückt: Produktion wie Rezeption zusammen sehen, also neben der legitimierten Kunstsprache den visuellen Diskurs wagen, das eine jeweils als Kompensation bzw. Komplementär des andern: Wie kann man Kunst als Prozess im doppelten Sinne des Wortes nehmen, nämlich im Fortschreiten durch verschiedene Bedeutungsebenen, aber auch als Prozession, als Kulthandlung und quasi religiöse Feier? Oder sollten wir Betrachter zur Erkenntnis geführt werden, dass das Bild jeder noch so treffenden Beschreibung spottet, uns somit an die Grenzen aller Zeichen führt? Fühlen wir uns zugehörig? (Hörig oder ungehörig?) Fühlen wir uns konform oder konfrontiert? So werden geläufige Darstellungsrahmen, gängige Zuweisungen kultureller Identität in Zweifel gezogen. Delacroix´ Changieren von Realität und Simulation, sein amüsantes Decodierspiel gibt Aufschluss über die Natur von Wahrnehmung und ihres Wirkungsmechanismus, bietet die aktive Vermittlungsstrategie einer umfassenderen Analyse immanenter Kunstcodices, ja der Grundlagen des ästhetischen Prozesses selbst. Delacroix fordert Klarheit:
Meine Bilder sind ordnungsgemäß getauft und mit Namen versehen, das gebietet schon der Anstand gegenüber der Kunst und auch gegenüber dem Betrachter.
Suzanne d' Alsace-Lorraine
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